CORONA-ZEIT
Anfangs habe ich es ehrlich gesagt so empfunden, dass die Situation gar nicht allzu viele Änderungen für Transplantierte mit sich ziehen wird. Wir müssen uns schließlich ein Leben lang an gewisse Regeln und Vorsichtsmaßnahmen halten.
Gerade im Winter zu den Zeiten der Grippe-Welle. In Arztpraxen und Kliniken einen Mundschutz tragen, ständiges Händewaschen, Sterillium immer in der Handtasche und größere Menschenmengen, vor allem in geschlossenen Räumen, meiden.
Doch sollte es anders kommen, mit Ausmaßen, die niemand absehen konnte, kann und wird.
Wie derzeit sicher jeder, vermisse ich die Freiheit und die Möglichkeit, einfach das zu tun, worauf man gerade Lust hat. Als Transplantierte/r ist man in der Vergangenheit oft genug geprüft worden, sich in Geduld zu üben und auf vieles zu verzichten.
Durch ein Spenderorgan haben wir diese Freiheit weitestgehend zurückbekommen. Jeder Tag wird seither als Geschenk angesehen. So wie viele Menschen zur jetzigen Zeit, wurden wir durch unsere persönlichen Krankengeschichten schon einmal wachgerüttelt, haben einen Blick auf die wirklich wichtigen Dinge erhalten. Viele nehmen ihr Leben seither bewusster wahr und genießen jeden Moment intensiver.
Klar, die momentane Zeit ist ungewiss und beunruhigend. Man muss auf vieles verzichten, sei es, sich „nur“ mal eben auf einen Kaffee treffen.
Seit Wochen habe ich so gut wie keinen persönlichen Kontakt zu meinen Freunden. Außer vielleicht kurz an Geburtstagen, im Freien und natürlich nur mit meiner – mir heiligen – FFP3-Maske. Dank ihr, kann ich Arzttermine und Apothekenbesuche beruhigter wahrnehmen.
Aufgrund der Tatsache, dass ich Rentnerin auf Zeit bin, werde ich zumindest durch eine Arbeit nicht noch zusätzlich einer Ansteckungsgefahr ausgesetzt. Die Einkäufe übernimmt meine Mutter. Wohl ist mir bei dem Gedanken ganz und gar nicht. Sie ist zwar noch sehr fit, zählt aber mit 68 Jahren und aufgrund der Lebendnierenspende ebenfalls zur Risikogruppe.
Sehr betroffen macht mich die Situation zwischen Enkeln und Großeltern. Auch wenn es mich nicht persönlich trifft, stelle ich es mir doch unerträglich vor. Mein sechsjähriges Patenkind sehe ich momentan einmal in der Woche. Wir haben einen Muffin-Tag ausgemacht, an dem er bei mir am Küchenfenster vorbeikommt und die gefüllte Vorratsdose abholt. Eine schöne Abwechslung für uns beide.
Mein Glück und ein wenig Abwechslung finde ich – neben dem Backen – derzeit hauptsächlich in der Natur. Ich habe mich wieder intensiver der Fotografie gewidmet, unternehme zusammen mit meiner Mutter Radtouren und genieße es, mich frei bewegen zu können.