Luise Storck:
Wir möchten erreichen, dass die Schüler das Thema auch mit nach Hause nehmen und es mit ihren Eltern diskutieren. Für uns ist es wichtig, dass junge Menschen sich eine Meinung bilden können, gerade bei einem so komplexen Thema, bei dem ethische, medizinische und religiöse Aspekte eine Rolle spielen. Wie gesagt – man soll über Organspende nachdenken, sich damit beschäftigen. Schließlich geht es ja auch nicht nur um das Kreuzchen auf dem Organspende-Ausweis. Es ist auch eine Sache der Verantwortung gegenüber seinen Angehörigen, eine Entscheidung zu treffen.
Kim Stahlberg:
Viele Menschen wollen keine Entscheidung treffen, sie möchten das lieber ihren Angehörigen überlassen. Aber das ist für die Familienmitglieder unglaublich schwer, besonders dann, wenn man vorher nicht offen über das Thema gesprochen hat. Zumal man sich ja in einer Ausnahmensituation befindet
Melanie Pauls:
Man kann von einem 16-jährigen erwarten, dass er eine Entscheidung trifft und seine Eigenverantwortung wahrnimmt. Die Verantwortung anderen aufzubürden, ist meiner Meinung nach nicht richtig. Die Situation ist schon schlimm genug, wenn die Angehörigen am Bett stehen, mit den Nerven am Ende sind und nicht wissen, wie sie entscheiden sollen.
Lebensritter:
Wovor haben die Menschen denn am meisten Angst, wenn es um das Thema Organspende geht? Ist es der eigene Tod?
Pia Stegt:
Es ist in erster Linie die Befürchtung, für Hirntod erklärt zu werden, obwohl man es nicht ist. Oder dass man ganz bewusst nicht behandelt wird, um schneller für Hirntod erklärt zu werden. Diese Ängste muss man ernst nehmen, deshalb beleuchten wir in den Schulen das Thema Hirntod auch sehr ausführlich, erklären, welche Schritte und Untersuchungen notwendig sind. Die Diagnose Hirntod wird nicht innerhalb von fünf Minuten gestellt!
Kim Stahlberg:
Bei der Knochenmarkspende zum Beispiel wird für 90% der Betroffenen ein Spender gefunden. Bei Organen herrscht ein absoluter Mangel. Das Knochenmark kann man lebenden Menschen entnehmen, über Knochenmarkspenden spricht man. Das Thema Organspende wird nicht so öffentlich und nicht so offen diskutiert, vielleicht weil der Tod eine Rolle spielt. Es gibt zwar Spenderorgane von Lebenden, aber in der Regel kommen die Spenderorgane von einem Toten. Das heißt im Klartext: ein Mensch muss sterben.
Luise Storck:
Ja, das Thema Tod schwingt mit. Über Organspende wird selten gesprochen und wenn, dann meist leider nur über die Skandale. Über die Wartelisten spricht auch kaum jemand, selbst die Betroffenen schweigen meist über ihre Krankheit.
Pia Stegt:
Deshalb ist es so wichtig, über das Thema zu informieren. Nur mit Aufklärung können wir jemand befähigen, eine Entscheidung zu treffen. Und eine öffentliche Diskussion ohne Polemik führen.