Menschen

Es ist mir eine Ehre

Emily Volbert ist 19 Jahre alt und lebt in Dortmund. Im letzten Jahr hat sie ihr Abitur gemacht, danach sieben Monate auf einem Pferdehof in Münster gelebt und gearbeitet.  Jetzt studiert sie Jura und ist Patin für Organspende.

Lebensritter: Bei Ihnen passiert ja gerade sehr viel – und das alles in der Pandemie!

Emily Volbert: Ja, es gibt viele Veränderungen. Erst das Abi unter Corona-Bedingungen, dann meine Zeit auf dem Ponyhof mit Reiten, Füttern und Ställe-Ausmisten, der Beginn des Studiums ohne das typische Studentenleben … Das ist schon eine Menge. Ich mache viel Sport wie Schwimmen. Und Reiten – das ist in der Stadt natürlich schwierig, aber auch da gibt es Möglichkeiten. Fahrradfahren liebe ich auch, ich habe zwar einen Führerschein, aber das meiste mache ich mit dem Fahrrad. Ich bin ein sehr vielseitiger Mensch, bei mir ist immer was los.

„Erst das Abi unter Corona-Bedingungen, dann meine Zeit auf dem Ponyhof mit Reiten, Füttern und Ställe-Ausmisten, der Beginn des Studiums ohne das typische Studentenleben.“

Lebensritter: Zum Beispiel?

Emily Volbert: Seit meinem 12. Lebensjahr bin ich in der DLRG (Deutsche 
Lebens-Rettungs-Gesellschaft e. V.). Ich gebe Schwimmunterricht und helfe den Kindern bei den Schwimmabzeichen, also Seepferdchen und die Schwimmabzeichen in Bronze, Silber und Gold. Ich war auch Sanitätshelferin. Ich finde es wichtig, Verantwortung für seine Nächsten zu übernehmen. Deshalb habe ich zum Beispiel auch bei der DKMS-Typisierung mitgemacht; es hat aber noch keiner angerufen. Ich habe damals noch ein Stäbchen in den Mund bekommen, heute macht man das ja eher mit einem Lolli … Ich hatte auch mal längere Haare, die habe ich mir abschneiden lassen und gespendet. Meine Familie weiß, dass ich mich gerne engagiere, und hat mich schon immer unterstützt. Meine Freunde sagen, ich würde unglaublich viel machen – ich empfinde das gar nicht als so außergewöhnlich, für mich ist es normal, dass man sich einsetzt.

„Ich hatte auch mal längere Haare, die habe ich mir abschneiden lassen und gespendet.“

Lebensritter: Warum haben Sie sich bei Ihrer Sportbegeisterung und Ihrem Engagement eigentlich für Jura und nicht beispielsweise für Sport oder Medizin als Studienfach entschieden?

 

Emily Volbert: Gerechtigkeit ist etwas ganz Wichtiges für mich. Ich habe eine Probevorlesung an der Uni besucht und wusste sofort: Das ist es! Genau das will ich machen. Ich weiß aber noch nicht genau, was ich dann machen will. Gerade im Bereich Jura gibt es ja unglaublich viele Möglichkeiten – Richterin, Anwältin, Notarin. Oder der Bereich Medizinrecht … Jetzt kann und will ich mich aber noch nicht festlegen, es ist ja auch noch viel zu früh.

 

Lebensritter: Wie gehen Sie mit Corona um?

 

Emily Volbert: Corona hat uns alle wachgerüttelt. Ich empfinde eine große Dankbarkeit für alles, was wir haben. Meine Mutter ist Armenierin und meine Großeltern leben noch in Armenien. Als meine Oma an Covid-19 erkrankte, war das schlimm – da kann man nicht mal eben schnell ins Krankenhaus wie hier bei uns. Zum Glück hat sie alles gut überstanden. Ich glaube, durch Corona habe wir alle viel gelernt – wenn es zum Beispiel um Hygiene und Händewaschen geht. Ich war noch nie so selten krank wie in der letzten Zeit und ich bin eigentlich immer dabei, wenn es um Erkältungen oder so was geht. Und was ich besonders gemerkt habe: Man konzentriert sich auf das, was einem wichtig ist …

Lebensritter: Das Amt als Patin für Organspende …

 

Emily Volbert: Ja, genau. Ich habe davon im Radio gehört und fand das sehr interessant. Das ist ein Projekt vom Netzwerk Organspende. Hier werden Menschen geschult, damit sie über Organspende informieren können. Ich habe jetzt meine erste Schulung gemacht, wegen Corona natürlich nur online. Aber das hat gut geklappt. Das ging über mehrere Abende – es gab Vorträge, Gruppenarbeit …

 

Lebensritter: Bekommen Sie Ihre Arbeit bezahlt?

 

Emily Volbert: Nein, das ist ein Ehrenamt. Und ich empfinde es auch als Ehre, dass ich als Patin tätig sein darf und dass man mir zutraut, vor vielen Menschen zu sprechen und die Sache zu vertreten.

„Nein, das ist ein Ehrenamt. Und ich empfinde es auch als Ehre, dass ich als Patin tätig sein darf und dass man mir zutraut, vor vielen Menschen zu sprechen und die Sache zu vertreten.“

Lebensritter: Wie sieht Ihre Tätigkeit als Patin denn aus?

Emily Volbert: Leider ist es jetzt alles sehr eingeschränkt. Aber mein Ziel ist es schon, Vorträge über Organspende zu halten und zum Beispiel auf Veranstaltungen an einem Info-Stand mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Vorträge kann man ja auch online halten. Eine Freundin hat mich vor kurzem angesprochen und würde gerne mehr über das Thema wissen. Wir planen jetzt mit ein paar Leuten einen Online-Abend. Den kann man gut in lockerer Runde veranstalten und dabei das Thema von allen möglichen Seiten beleuchten. Vom Netzwerk habe ich so viele Informationen bekommen, da kann ich selbst auswählen, wo ich die Schwerpunkte setze oder in welche Richtung ich gehe – man muss sich ja auch immer der Gruppe anpassen.

Lebensritter: Haben Sie vor irgendwelchen Fragen Angst?

 

Emily Volbert: Nein. Jede Frage ist diskutabel und erlaubt. Zudem muss man auch andere Meinungen respektieren. Ich persönlich mag es nicht, wenn ich auf eine Frage keine Antwort habe, deshalb bin ich immer gut vorbereitet. Und wenn jemand ganz spezifische Zahlen haben möchte, kann ich beim Netzwerk Organspende welche anfordern und nachliefern.

 

Lebensritter: Gab es denn schon Gespräche über Organspende in Ihrem Freundeskreis?

Emily Volbert: Ja, ich hatte schon in der Schule Diskussionen über Organspende. Man wird ja mit so vielen Irrtümern und Gerüchten konfrontiert, das ist unglaublich. Das Beispiel der Motorradfahrer kommt immer wieder: Oh, Frühling, die Motorradfahrer sind wieder unterwegs, es ist Organspende-Wetter! So ein Blödsinn! Das regt mich immer auf, weil die meisten Organspender ja gar nicht die ganz jungen Menschen sind.

„Ja, ich hatte schon in der Schule Diskussionen über Organspende. Man wird ja mit so vielen Irrtümern und Gerüchten konfrontiert, das ist unglaublich.“

Lebensritter: Warum beschäftigen sich Ihrer Meinung nach bei uns so wenige Menschen mit der Organspende?

 

Emily Volbert: Vielleicht wollen sich die Menschen nicht mit der Organspende auseinandersetzen, weil es dabei auch um den Tod geht. Durch den Tod wird Organspende zu einer Tabuzone. Und natürlich wegen der ganzen Skandale und der damit verbundenen Ängste: dass Menschen die Organe gestohlen werden, dass Ärzte sich bereichern wollen, dass Organe an Menschen gehen, die dafür bezahlen, und was es da alles gibt! Da herrscht ein ziemliches Tohuwabohu – gerade auch in den Medien. Meist ist die Sachlage ganz anders, durch Jura weiß ich, dass die mediale Darstellung nicht immer den Fakten entspricht.

Lebensritter: Sind jüngere Leute offener, wenn es um das Thema Organspende geht?

 

Emily Volbert: Auf jeden Fall. Meine Generation krempelt ja vieles um und geht auch ganz bewusst gegen Tabuthemen an – zum Beispiel gleichgeschlechtliche Ehe oder auch die Klimabewegung mit Fridays for Future. Wir schwimmen in vielen Bereichen gegen den Strom! Das ist gut so, denn wir jungen Menschen müssen Verantwortung übernehmen. Gerade bei der Organspende ist es doch so einfach: Man muss nur ein Kreuz auf einem Zettelchen machen und ihn ins Portemonnaie stecken. Da brauchen wir wirklich mehr Aufklärung. Aber ich denke auch, das ist nicht Sache des Elternhauses, da müsste die Politik schon ihren Beitrag leisten! Dass die Widerspruchslösung nicht durchgekommen ist, empfinde ich als herben Rückschlag. Aber eins ist klar: Wenn die Entscheidungsregelung gilt, wenn ich mich also entscheiden soll, muss ich die Fakten kennen. Und da können wir Paten einen wichtigen Beitrag leisten!

„Aber eins ist klar: Wenn die Entscheidungsregelung gilt, wenn ich mich also entscheiden soll, muss ich die Fakten kennen. Und da können wir Paten einen wichtigen Beitrag leisten!“

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