Fundstücke

„Heldinnen und Helden dürfen nicht in Vergessenheit geraten“

Erst Krebs, dann eine Lebertransplantation – doch Aufgeben war für Katharina nie eine Option. Stattdessen hat sie gelernt, das Leben so anzunehmen, wie es kommt und den Blick positiv nach vorne zu richten.

 

Im April 2022 erhielt sie eine zweite Lebenschance und feierte vor Kurzem nun ihren ersten Lebergeburtstag. Hier ist ihre Geschichte …

Lebensritter: Warum fuhr Ihr Ehemann Sie am 25. März 2022 in die Notaufnahme?

 

Katharina: An das meiste erinnere ich mich heute gar nicht mehr, vieles weiß ich aus Erzählungen meiner Familie und den Tagebucheinträgen meines Ehemannes.

 

Ihm waren schon einen Tag zuvor meine gelb unterlaufenen Augen aufgefallen. Zu diesem Zeitpunkt war ich an Covid-19 erkrankt und so dachten wir zunächst „naja Corona hat vielleicht viele Gesichter“. Am nächsten Abend brachte mein Mann mich dann aber ins Krankenhaus nach Überlingen, weil wir doch sehr verunsichert waren. Dort wurde mir zunächst einmal Blut abgenommen und ich musste gleich über Nacht zur Beobachtung dableiben.

 

Da sich meine Werte aber über Nacht überhaupt nicht verbessert hatten, entschied ein Oberarzt des Heliosspitals am nächsten Tag, mich nach Tübingen in die Uniklinik verlegen zu lassen. Heute weiß ich, dass er das beginnende Leberversagen schon erkannt hatte.

 

Auch hier wurden wieder einige Untersuchungen durchgeführt, unter anderem wurde ein CT gemacht. [Anmerkung Lebensritter: eine Computertomographie, kurz CT, ist eine Röntgenuntersuchung, die detaillierte Schnittbilder von verschiedenen Organen erstellt und damit Erkrankungen bzw. Verletzungen diagnostiziert.]

 

 

Am nächsten Tag kam ich dann direkt auf die Intensivstation, da ich unter einem akuten Leberversagen litt. Innerhalb kürzester Zeit waren knapp 90 % meiner Leber zerstört.

 

Dann musste alles sehr schnell gehen, ich brauchte dringend eine neue Leber. Zu meinem Glück erhielt ich diese nur wenig später.

 

„Innerhalb kürzester Zeit waren knapp 90 % meiner Leber zerstört.“

Lebensritter: Nach Ihrer Lebertransplantation kam es leider zu Komplikationen, so dass Sie in den Folgetagen weitere Male operiert werden mussten. Was war geschehen?

 

Katharina: Die Leber, die ich am 2. April 2022 erhielt, war von den Gewebemerkmalen her perfekt, jedoch ein wenig zu groß. Mein Rippenbogen war zu klein für das Organ und drückte auf die neue Leber, hierdurch bildeten sich Nekrosen. [Anm. Lebensritter: unter Nekrose wird das Absterben einzelner oder mehrerer Zellen verstanden]

 

Unmittelbar nach der Transplantation musste ich deshalb notoperiert werden und man entschied sich, den Bauchraum offen zu lassen. Hierdurch entzündete sich meine Bauchspeicheldrüse und meine restlichen Organe schwollen an. In der Folgewoche wurde mein Bauch dann in mehreren Operationen Stück für Stück geschlossen.

 

Hinzu kam, dass durch das Leberversagen zusätzlich auch meine Nieren versagten und ich kurzzeitig auf die Dialyse angewiesen war. Und darüber hinaus war ich an Covid-19 erkrankt und hatte Wasser in der Lunge.

Lebensritter: Was hat Ihnen die Kraft gegeben immer weiterzumachen? Schließlich mussten Sie erst 2017 eine Krebserkrankung durchstehen.

 

Katharina: Ich war schon immer ein Rebell. Ich habe die Kraft vor allem aus mir selbst heraus generiert, weil ich an meinem Leben hänge und es nicht einsehe, frühzeitig zu gehen oder ein trauriges Leben zu führen. Ich habe ja noch viel vor. Und das Leben ist zu wertvoll. Aufgeben kam für mich nicht infrage, getreu dem Motto „Aufgeben kannst du bei der Post“.

 

Die Fähigkeit, immer wieder Kraft zu schöpfen, hatte ich aber auch durch die tolle Unterstützung meiner Familie, meiner engsten Freunde und meiner Tiere. Ich habe gelernt, anzunehmen, was nicht zu ändern ist und meinen eigenen Gefühlen Beachtung zu schenken, aber dann auch wieder optimistisch nach vorne zu schauen.

Lebensritter: Wissen Sie eigentlich heute, was damals zu Ihrem akuten Leberversagen geführt hat?

 

Katharina: Nein. In 20 % der Fälle von akutem Leberversagen lässt sich keine Ursache feststellen und auch bei mir gibt es nur Vermutungen.

 

In Betracht kommen eine Vergiftung durch Medikamente, da ich zuvor Schmerzmittel einnehmen musste, eine Überreaktion des Immunsystems, also eine Autoimmunreaktion oder einer Verkettung verschiedener Faktoren in kurzen zeitlichen Abständen, die sich nicht miteinander vertragen haben: Impfung, Stress, eine Narkose, die wenige Wochen vorher stattfand, Schmerzmittel und meine Covid-19-Erkrankung.

„In 20 % der Fälle von akutem Leberversagen lässt sich keine Ursache feststellen und auch bei mir gibt es nur Vermutungen.“

Lebensritter: Ein Spenderorgan war für Sie die Rettung: Hatten Sie vorher schon mal Berührungspunkte mit dem Thema und sprechen Sie heute oft über Organspende?

 

Katharina: Ich habe vor Jahren mal einen Organspendeausweis als Beileger von meiner Krankenkasse erhalten, jedoch ohne richtige Aufklärung. Ich hatte ihn damals aus Unsicherheit und fehlender Aufklärung nicht ausgefüllt und danach auch nie wieder bewusst von dem Thema Organspende gehört.

 

Das möchte ich gerne ändern, indem ich meine Geschichte mit den Menschen teile. Mir ist wichtig, dass Menschen sich entscheiden, damit es ihre Angehörigen nicht tun müssen. Auch wenn es ein Nein ist, muss man das voll und ganz akzeptieren.

Lebensritter: Was wünschen Sie sich rund um das Thema Organspende in Deutschland?

 

Katharina: Die Widerspruchslösung. Vor allem aber mehr Aufklärung, zum Beispiel in Form von Werbespots im Fernsehen oder auf Plakaten. Bisher war ich in keiner Arztpraxis, in der Organspendeausweise ausgelegen haben. In jedem Bürgerbüro könnte man einen Ausweis immer dann herausgeben, wenn ein wichtiges Dokument abgeholt wird.

Lebensritter: Was würden Sie Ihrer Spenderin bzw. Ihrem Spender gerne sagen?

 

Katharina: Zunächst einmal muss sie oder er ein ganz besonderer Mensch gewesen sein, bei dem ich mich gerne für die zweite Chance, die ich bekommen habe, bedanken würde. Ich werde alles mir Menschenmögliche tun, um dieses wertvolle Geschenk zu beschützen. Und sicher ist: Ich werde die Erinnerung an sie oder ihn immer hochhalten, weil Heldinnen und Helden, die so viel Nächstenliebe in sich tragen, nicht in Vergessenheit geraten dürfen.

 

Wer mehr über Katharina erfahren möchte, ist eingeladen, auf ihrem Instagram-Profil vorbeizuschauen.

„Heldinnen und Helden, die so viel Nächstenliebe in sich tragen, dürfen nicht in Vergessenheit geraten.“

Sind Sie auch ein Lebensritter und haben eine Geschichte zum Thema Organspende zu erzählen?

Dann senden Sie uns gerne eine Nachricht an kontakt@lebensritter.de.